Konsum von Bildschirmmedien und die Auswirkungen

Floyd 11 Kommentare Der letzte Fake

Fernsehen, das wohl meistgenutzte Medium, zumindest am Abend. Kaum jemand, der sich den flimmernden Bildern und seichten Handlungssträngen entziehen kann. Mal abgesehen davon, dass es durchaus auch sehenswerte Dokumentationen und Filme gibt haben wir es verlernt zielgerichtet zu konsumieren. Zum Abschalten einschalten. Wild durch alle Kanäle zappen unterstützt diese These. Was von der Mehrheit konsumiert wird ist also mehrheitsfähig? Anscheinend.

Seit Jahren geht der Trend zu Casting-Shows, Doku-Soaps, dem so genannten Reality-TV. Aber ist das wirklich die Realität? Deutschland sucht den Superstar, Germany´s Next Topmodel, Frauentausch und viele weitere Sendungen geben einer Vielzahl an Menschen das Gefühl etwas „Besseres“ zu sein. Ja, da kann man sich doch an diesen Sendungen so richtig erfreuen. Einmal im Leben bin ich etwas schlauer als jener, der vor Millionen Menschen bloß gestellt wird. Aber hey, da kann doch niemand etwas dafür, dass sich Menschen bei solchen Sendungen bewerben. Dann noch der Zufall, dass es immer den gleichen Typ Mensch trifft. Super. Nur so ist die Quote sicher. Oder sind die Hauptdarsteller alles Schauspieler, die den Sprung auf die große Leinwand noch nicht geschafft haben? Leiden einige Drehbuchautoren unter einer Psychose oder wie kommt man auf so kranke Sendeformate? Was ist denn schlimmer: bei solch einem kranken Format mitzumachen oder dieses zu produzieren?

Beispiel Frauentausch – Deutsches, Gesundes Essen & Bildungsfernsehen

Wer nach den 3 Minuten immer noch Lust auf mehr verspürt wird wahrscheinlich durch eine externe Maschine ferngesteuert;) Mensch, da muss man aber mal Dampf ablassen. Bei den PISA Studien der vergangenen Jahre sahnen wir so richtig ab. Sind das die Folgen des erhöhten Bildschirmkonsums? Oder sind es nur die Folgen, die uns als diese vorgegeben werden? Egal, uns interessiert das nicht. Wir wollen mehr davon. So sind wir Menschen. Unsere oftmals niederen Instinkte schreien förmlich nach Befriedigung. Anscheinend befriedigen diese Sendeformate genau die niederen Instinkte. Folglich müssen immer neue Soaps die TV-Landschaft erobern. The Biggest Loser, der Turbo super duper Umzugswagen, die halli galli Pop dir deine Stars, die „Achtung ich bin die Polizei und fahre Streife und verhafte dich du Verbrecher“ Formate oder was auch immer…

Welche Frage wirft sich auf?

Konsum von Bildschirmmedien wie TV PC Video

Manfred Spitzer – Kinder und TV Konsum

Manfred Spitzer, Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III an der Universitätsklinik Ulm, hält im Video einen interessanten Vortrag zu diesem Thema und verweist auf eine Studie, die in den 70er Jahren begann und bis zum 26.Lebensjahr der Teilnehmer andauerte. Wie haben sich die Menschen der Studie entwickelt, in Relation zum jeweiligen TV-Konsum in ihrer Kindheit. Eine kurze Abhandlung über die Synapsen und Gehirnentwicklung bei Kindern und Erwachsenen inklusive. Der Vortrag dauert lange, ist aber aus meiner Sicht sehr sehenswert. Eine der Erkenntnisse: unsere Kinder kennen mit 8 Jahren mehr Namen von Pokemon Kärtchen als Tiere in der Umgebung. So, viel Spaß beim Ansehen.

Vorsicht Bildschirm – Prof.Dr.Dr.Manfred Spitzer über die Gefahren von PC, Video und TV

Fazit

Um es in Spitzers Worten zu sagen:

Fernsehen im frühen Alter schadet dem Hirn – nicht wegen der Inhalte, sondern weil die Form des Fernsehens dem Hirn nicht gerecht wird.

Auf keinen Fall möchte ich alle Bildschirmmedien verteufeln, lediglich zu einem vernünftigen Umgang mit ihnen anregen. In diesem Sinne geniesst einen wunderbaren Tag!

Weitere Quellen

Manfred Spitzer moderiert bei br alpha die Sendung Geist und Gehirn. Hier findet man das Archiv der bisherigen Geist und Gehirn Folgen.

Bildnachweis
Plusverde bei sxc.hu

11 Meinungen zu “Konsum von Bildschirmmedien und die Auswirkungen

  1. Natürlich weiss jeder wie sehr diese Sendungen getrickst sind. Wie sie rechtlich so abgesichert werden, dass kaum jemand rechtlich dagegen vorgehen kann. Die Frage ist und bleibt aber: warum schauen sich Menschen trotz des Wissens diese Formate an? Voyeurismus?

  2. Du meinst der Medienmix macht´s? Das mag sein. Um am Beispiel Frauetausch zu bleiben: persönlich finde ich es wirklich schlimm, dass meist eine nachgespielte Unterschicht etc. dafür herhalten muss, der vermeintlichen Mittel,-/Oberschicht eine „Freude“ zu bereiten. Wie kann so etwas einer Menge Menschen Spaß bereiten? Das ist doch wirklich arm, oder nicht?

  3. Klar ist das arm. Diese Sendung(en) sind Schubladendenken pur. Die Hartz IV Familie die nur vor dem TV sitzt und alles vergammeln lässt. Ähnlich ist es doch mit den Nachmittagsprogramm bei den Privaten. Wenn man da mal krank zu Hause liegen muss und sich diese Sendungen ansieht, dann wird man schnell wieder gesund.

  4. Hi Floyd,

    der Herr Spitzer ist nicht unumstritten. Er betrachtet alles aus der neurobiologischen, bestenfalls psychologischen Sicht. Soziale Aspekte hingegen setzen da an, wo Spitzers Logik aufhört.
    Medien sind ein Projektionsfeld für die teils bewußte, teils unbewußte Inszenierung der eigenen Lebenswelt. Damit das funktioniert, müssen die Inhalte vereinfacht dargestellt werden. Das wiederum irritiert die Zuschauer, wenn sie zur falschen Zielgruppe gehören. Somit ist das „Problem“ nicht das (mangelnde) Niveau von Medien, sondern deren Verfügbarkeit für alle.
    „Aufwärtskompatibel“ sollte es keine Probleme geben: ein Mensch mit niedrigem Bildungsstand wird kaum in Gefahr geraten, durch exzessives Schauen von Filmen des Genres „film noir“ in der Medienwelt verloren zu gehen. „Abwärtskompatibel“ ist Gelassenheit angebracht aus zwei Gründen:
    1. berührt einen die Projektion der dargestellten Realität nicht
    2. muß man sich fragen, wo man dem eigenen Anspruch nicht gerecht wird bzw. wie unterschichtet man einem Harvard-Absolventen vorkommen müßte, wenn man ihm seine DVD-Sammlung zeigen würde.

    Das Problem ist also definiert durch eine chauvinistische Draufsicht und somit äußerst weit von jeglicher Objektivität entfernt.

    1. Danke Feyd für deinen Kommentar. Dass Herr Spitzer nicht unumstritten ist dürfte bei seinen Aussagen leicht nachvollziehbar sein. Allerdings finde ich einige sehr gute Ansatzpunkte in seinem Vortrag. Manche teile ich, manche nicht. Das Zitat kann ich nur voll und ganz unterstützen. „…weil die Form des Fernsehens dem Hirn nicht gerecht wird…“ Natürlich wird ein Gehirn nicht dauerhaft auf Hochtouren laufen können. Das dürfte jedem bewußt sein. Deshalb ist abschalten vor dem Fernseher ja erst möglich. Alleine um abzuschalten etwas anzuschalten ist ein schönes Wortspiel.

      Bei anderen Punkten widerspreche ich Herrn Spitzer, z.B. dass ein Kind keine grammatikalischen Fehler macht. Definitiv falsch. „Gebleibt“ statt „geblieben, etc… Da hat wohl jedes Kind seine Favoriten;)

      Wenn man aber wie du scheribst „abwärtskompatibel“ Gelassenheit walten lassen sollte frage ich mich, wozu es diese Formate überhaupt gibt. Für „Aufwärtskompatible“ oder für „Abwärtskompatible“ oder für beide? Denn insgeheim, sind wir doch mal ehrlich hat schon jeder gezappt und ist an solchen Sendungen kurz hängen geblieben. Das wirklich Erschreckende ist, dass man andere, vermeintlich sozial Schwächere belächelt. Deswegen würde ich deinem Argument 1 widersprechen, dass einen die Projektion der dargestellten Realität nicht berührt. Lachst du, schlägst du die Hände über den Kopf zusammen, das alles sind emotionale Formen. Oder glaubst du ernsthaft, dass Menschen z.B. Frauentausch aus Gefallen schauen?

      Objektivität gibt es definitiv bei keinem Artikel. Weder in Massenmedien, noch hier im Blog. Jeder Mensch hat seine subjektive Wahrnehmung der Welt, die er sich mit guten Hintergedanken aufbaut, siehe Neurolinguistische Programmierung. Aber Achtung, auch das ist nicht objektiv, wie nichts auf der Welt.

      1. Hoi Floyd,

        ich glaube, daß die Formate exakt für die Leute gemacht sind, die sie konsumieren.
        Das scheint verwirrend, da das Leute mit dem unterschiedlichstem Bildungsgrad sind: der noch-nicht-gebildete, der nicht-gebildete und der voll-gebildete (aber sowas von…).
        Das Geheimnis ist, daß Medien und Medienkonsum nicht nur auf die Dimension von Bildung, Lernen oder Neurobiologie beschränkt sind, sondern (wie im Beispiel Fernsehen) ein Feld für sämtliche Projektionsbedürfnisse darstellen können und oft auch darstellen.
        Du sagst ja selbst: man zappt manchmal durch und bleibt bei Frauentausch hängen – ist uns auch mal passiert. Was haben wir nicht über die normative Wirkung traditioneller Frauenbilder dieses Fernsehformates gesprochen… und am Ende war uns klar, daß wir eine Sendung gesehen hatten, die gar nicht für uns bestimmt war. Zumindest nicht im eigentlich geplanten Sinne: also daß jemand das Setting „Hausfrau als tauschbare und anschließend zu bewertende Haussklavin“ für gegeben (also kritiklos) annimmt. In diesem letzteren Sinne also macht diese Sendung absolut Sinn: u.a. werden konkurrierende Werte familialen Alltags gegenübergestellt, gemixt, durchgeschüttelt und die sog. „Realität“ einer durcheinandergebrachten Familie dokumentiert. So plump und inszeniert uns das auch erscheint – bei einer Zielgruppe kommt es an. Das, was die Zielgruppe als Werte und deren Niederschlagung in Normen des alltäglichen Handelns ansieht, sieht sie verwirklicht im Fazit der Sendung.

        Warum schreibe ich „eine“ Zielgruppe? Gibt es etwa mehrere? Da schaue ich mal in den Spiegel und sage: ja! Denn wir sehen uns diese Inszenierung an, erkennen sie als solche, werten sie womöglich ab oder halten sie u.U. sogar für gelungen – jedenfalls prüfen wir das Format zunächst aus funktionaler Sicht, um danach zu die Frage zu stellen, inwiefern es in bezug auf Werte legitim ist und schwupps! – haben wir das Medium als Projektionsfläche für unsere moralische Selbstlegitimation genutzt.

        D.h.: die Frage ist nicht, ob aus Sicht Spitzers das Lernen und die Bildung unter dem Fernsehkonsum leidet, sondern ob all diese „furchtbaren Formate für Hauptschüler“ eigentlich „furchtbar schöne Formate“ für Intellektuelle sind. Oder „furchtbar anspruchslose Formate für gestreßte Eltern“ oder „furchtbar zu verteufelnde Formate für Kulturpessimisten“. Selbst als bewußter Nicht-Seher(so wie ich: ich habe DSDS und das mit dem Container bisher insgesamt 10 Minuten gesehen) von solchen Formaten nimmt man eine Position ein.

        Und wer sich jetzt total auf den Schlips getreten fühlt, weil er sich als Nonkonformist weigert, in eine der oben genannten Kategorien reingesteckt zu werden: JA, es ist schon irgendwie cool, völlig zufällig den Fernseher angemacht zu haben, völlig zufällig beim „Frauentausch“ gelandet zu sein, völlig abwesend auf die Glotze geschaut und das Ende verpaßt zu haben. In diesem, aber NUR in diesem Fall hat man mit dieser Sendung absolut nichts am Hut.

        PS: das mit der Objektivität klären wir unbedingt mal bei einem Bier in einer die Bundesliga als Format vermarktenden Sendung am Samstag in den ÖR ;-)

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