In Stuttgart kam es vor einigen Tagen zu einem mutmaßlichen Mord. Die Polizei vermutet, dass der 46-jährige Mann seine Freundin, 59 Jahre alt, ermordet hat. Bisher fehlt von der Frau jede Spur, der Mann wurde in der Schweiz tot aufgefunden. Die Polizei vermutet einen Suizid. Der Max hatte ja bereits darüber berichtet. Noch ist allerdings alles Spekulation, auch wenn es Indizien für einen Mord gibt. Jetzt kann man entweder „rational“ darüber berichten, wie z.B. die Stuttgarter Zeitung, die als Überschrift „Mann soll seine Lebensgefährtin getötet haben“ titelte.
Die Bild Zeitung
Tina Gaedt, die für die Bild Zeitung Stuttgart arbeitet, folgte der Blattlinie und bastelte aus einer Vermutung einen blutrünstigen Stuttgart 21 Killer, der jeden von der Politik verfolgten Egoshooter um ein Vielfaches übertrifft. „Der Killer aus dem S21 Baumhaus“ und viele weitere Plattitüden prasseln auf die geneigten Leser ein.
Die Steigerung der „Story“
Online hat die Bild zunächst von einem „Friedens-Aktivisten“ und einem Paar aus der „Esoterik-Szene“ berichtet. Da ich Bild aus Prinzip nicht verlinke, müsst ihr entweder die Suchmaschine eurer Wahl bedienen, oder mir vertrauen, was ich schreibe. Die ganze Geschichte wurde dann in Bildzeitung-Sensations-Lust weiter gesteigert. Von „S21 Aktivist tötet seine Freundin“ über „So brutal war der Killer zu seiner Freundin“, usw.
Ein Zusammenhang der keiner ist
Über die Wortwahl der Bild Zeitung muss ich kein Wort verlieren. Aus journalistischer Sicht ist es eine unterirdische „Leistung“, bei diesem wohlgemerkt immer noch mutmaßlichen Mord, einen Zusammenhang zwischen einer Protestszene und einem Paar herzustellen. So schafft es die Bild, dass die gesamte Protestbewegung eines Bahnhofs-Projektes auf einmal in einem kriminellen Umfeld dargestellt wird. Ich hoffe, dass die meisten Menschen schlau genug sind, diesem Axel Springer Bluff nicht aufzusitzen. Verantwortungsvoller Journalismus sieht anders aus. Und bitte kommt mir nicht mit „So ist die Bild Zeitung halt“. Das finde ich Bullshit, denn wie hat es Judith Holofernes von „Wir sind Helden“ damals so schön geschrieben:
Die BILD -Zeitung ist kein augenzwinkernd zu betrachtendes Trash -Kulturgut und kein harmloses “Guilty Pleasure” für wohlfrisierte Aufstreber, keine witzige soziale Referenz und kein Lifestyle -Zitat. Und schon gar nicht ist die Bild -Zeitung das, als was ihr sie verkaufen wollt: Hassgeliebtes, aber weitestgehend harmloses Inventar eines eigentlich viel schlaueren Deutschlands.
Die Bildzeitung ist ein gefährliches politisches Instrument – nicht nur ein stark vergrößerndes Fernrohr in den Abgrund, sondern ein bösartiges Wesen, das Deutschland nicht beschreibt, sondern macht. Mit einer Agenda.
Die eigentliche Tragik
Meine Empathie gehört den beiden an dieser Tragödie beteiligten Menschen. Inständig hoffe ich, dass Laya noch am Leben ist und ihre Verwandten und Freunde sie wieder in die Arme schliessen dürfen. Denn was bei all dem journalistischen Mist vor allem vergessen wird sind die Menschen. Es sind eben nicht nur Stories, reisserische Headlines, etc. Nein, dahinter stehen Menschen, die ein wenig mehr Respekt verdient haben, als es uns die Bild wieder einmal zeigt.
O.M.G. ich bin immer noch etwas zu fertig um dazu irgendwas zu sagen.
Danke für dieses klares Statement zu dem Artikel in der Bild-Zeitung. Ich trauere um meine langjährige Lebensgefährtin und in den letzten Jahren sehr gute Freundin und Co-Leiterin unseres Meditationszentrums Laya Hauser. Es ist schmerzlich, so einen Journalismus in so einer Lebenssituation ertragen zu müssen. Da reicht die Energie sich aktiv gegen so einen Journalismus zu stellen, einfach nicht aus. Deshalb danke für dieses klares Statement. Es spricht mir aus der Seele.
Ich kann mich dem obigen Kommentar nur anschließen. Laya ist die Tante meiner Kusine und ich war völlig geschockt von dem 1. Artikel der Bild. Zwischen gefundenen Blutspuren und einem Blutbad gibt es doch wohl noch einen Unterschied! Wir wissen nicht, welche Verletzungen Laya davongetragen hat bzw. ob die Verletzungen tatsächlich tödlich waren. Angeblich hat niemand etwas gehört oder gesehen, aber jeder geht davon aus, dass sie getötet wurde. Das schmerzt. Besonders in einer Situation, die so ungewiss ist, wie diese. Diese Art Presse ist unnötig und grausam. Wir werden weitersuchene, bis sie gefunden wird.
Als Freund der Familie des verstorbenen und mutmaslichen Täters bin ich tief betroffen und angewidert von der deutschen Presse. wir sprechen hier vom schicksal von zwei menschen, von welchen ich nur die eine seite gekannt hatte…der mutmassliche „Täter“/“Killer“/“Mörder“ war, ist und bleibt in useren herzen für immer ein wunderbarer mensch, wie es in der heutigen zeit nur noch wenige gibt… wir alle leben mit höhen und tiefen, nur wenige besitzen jedoch die sensibilität und intelligenz sich den eigenen schwächen bewusst zu sein. beziehungen sind komplex, desto komplexer die persönlichkeiten sind…was hier meiner meinung nach definitiv auf beide zutraff. wir alle wissen zu wenig über die wohl entscheidenden details in dieser beziehung, in diesem heftigen streit und dem tragischen ausgang und ende meines ehemaligen bekannten. ich habe einiges vernommen, was nicht publik gemacht wurde… es braucht immer zwei die sich lieben, hassen, streiten ecc. die ganzen aussagen womit man meinen bekannten als „teufel“ und seine vermisste partnerin als „meditierender-engel“ darstellt sind grundsätzlich falsch. wir beklagen schlussendlich zwei opfer nach einem tragischen beziehungsdrama, und nicht nur eines. Danke Floyd für deinen sachlichen Beitrag.