Wir stecken mitten in der digitalen Pubertät

Floyd 3 Kommentare Gedankenfetzen

Erinnert ihr euch noch an die Pubertät? Wie schlimm war die Zeit, in der wir unsere Pickel spazieren trugen? Als wir uns nicht trauten, mit der ersten Freundin oder dem ersten Freund Schluß zu machen, weil wir niemanden verletzen wollten? Doch wir haben das überstanden, uns weiterentwickelt und rückblickend empfinden wir das alles als gar nicht mehr so schlimm. Wir haben gelernt.

Digitale Pubertät
Foto: caitlinator / CC BY 2.0

Die Parallelen zu den Diskussionen über die Whatsapp Übernahme durch Facebook wurde mir erst jetzt klar. Für viele User ist Facebook die erste Freundin, von der man sich irgendwie nicht trennen kann. Man ist zu „anständig“, zu verständnisvoll und man verzeiht vieles. Vielleicht kommt ja alles wieder in Ordnung. Irgendwann.

Als hätten wir es mit der ersten Liebe nicht schwer genug gehabt, beschert Whatsapp vielen Usern die erste digitale Akne. Langsam lernen wir, dass nicht immer alles „schön“ ist. Man vertraute sich mit der Pixelakne seinen Freunden und Freundinnen an. Man hatte Vertrauen und wischte alle Zweifel beiseite. Wie soll man eine abstrakte Ebene bei dieser Thematik auch verstehen? Wenn ich mich mit meiner digitalen Akne nicht wohl fühle, dann schreibe ich das über Whatsapp an meine besten Freunde. Punkt. Dass sich jemand über mich lustig machen könnte, den ich persönlich gar nicht kenne, kommt mir nicht in den Sinn. Warum auch. Denn diese Person steckt zwischen beiden Beteiligten. Versteckt. Im Dunkeln. Dort, wo es niemandem weh tut. Erstmal.

Wir stecken mitten in der digitalen Pubertät und werden diese meistern. Wenn wir uns auf unsere menschlichen Werte besinnen, werden wir gestärkt diese Phase verlassen. Werte definiert jeder anders, für mich ziehe ich mal als Beispiel „Offenheit“ heran. Bei Freunden wünsche ich mir eine gewisse Offenheit, eine Aufgeschlossenheit. Übertragen auf unsere digitale Akne bedeutet dies: wir sollten versuchen Apps, Dienste, etc. zu nutzen, deren Quelltext einsehbar ist.

Wenn also 3/4 des Internets schreibt, dass man von Whatsapp zu Threema wechseln sollte, dann stehe ich da und frage lediglich: Warum? Nur weil ein Dienst auf einer Webseite schreibt, dass die Kommunikation verschlüsselt abläuft? Wer verifiziert das? Whatsapp behauptet auch, dass die Kommunikation verschlüsselt abläuft. Nur weil es auf einer Webseite steht, muss es noch lange nicht so sein.

Wenn wir die digitale Pubertät irgendwann abgeschlossen haben, werden wir erkannt haben, dass es notwendig ist, für manche Dienste auch finanziell einen kleinen Ovulus zu entrichten. Doch noch stecken wir mehrheitlich in der digital pubertären Phase fest. Die Mehrheit empfindet es als normal ein Smartphone im Wert von über 500,- EUR in der Tasche zu tragen, sich aber bei 2,- EUR monatlicher Nutzungsgebühr für einen sinnvollen Dienst aufzuregen. Das ist so, als würde man sich ein neues Snowboard kaufen, im Urlaub aber nur eine Abfahrt pro Tag schaffen (weil man den Berg hinaufläuft), weil man sich die Liftkarte sparen möchte.

Vielleicht müssen wir unser rationales Denken verstärkt einschalten, um zukünftig unseren eigenen digitalen Weg zu finden. Langjährige Freundschaften entstehen parallel zu kleine Episoden kurzer Freundschaften. Wir können nur lernen, die Tiefe einer Freundschaft zu erkennen. Wenn also Whatsapp oder Facebook nicht mehr der gewünschte Dienst ist, dann kann man sich jederzeit abmelden. Das gewohnte Argument „Die haben ja aber sowieso schon alles von mir“ ergänze ich dann gerne um ein „Bis heute“. Oder ruft ihr ehemalige Freunde an, um sie zu einem Thema, das euch aktuell beschäftigt, zu befragen? Datensätze werden älter. Das Leben verändert sich. Wir ziehen um. Wir gewinnen neue Freunde für unser Leben. Das Erheben all dieser Daten kann man den unerwünschten Diensten alleine durch zukünftige Untätigkeit erschweren. Wenn man wirklich möchte.

Vielleicht müssen wir aber auch häufiger unsere digitale Emotion einsetzen. Wenn ein neuer, unglaublich toller Dienst auftaucht: wie ist unser Gefühl? Brauchen wir das wirklich? Ich glaube wir alle werden diese regelmäßigen Déjà Vues haben. Ob man nun von Facebook zu Diaspora wechseln sollte, oder von WhatsApp zu Threema, oder oder oder… Wichtig bleibt alleine, dass jeder für seine erste Freundin, seine erste Akne und auch für seine heutigen Freunde selbst verantwortlich ist. Und sich aufgrund von Erlebnissen weiterentwickelt.

P.S. Das Schlimmste daran ist, dass rückblickend Merkels Neuland vielleicht doch keine zu belächelnde Aussage war, sondern großteils Realität ist. Oh man.

Tweets zur WhatsApp Übernahme durch Facebook

Floyd 2 Kommentare WWW

Hier ein paar meiner Lieblings-Tweets zur WhatsApp Übernahme durch Facebook. Humor ist wenn mans trotzdem macht. Also:

https://twitter.com/tristessedeluxe/status/436451879380611072
https://twitter.com/robvegas/status/436267111321980928
https://twitter.com/s_ill_e/status/436389797096345600
https://twitter.com/BR_quer/status/436416541727657984
https://twitter.com/Moltroff/status/436397931659550720
https://twitter.com/NoAverageRobot/status/436438628361707520
https://twitter.com/grrrrekon/status/436371151406006273
https://twitter.com/happybuddha/status/436355884256886784
https://twitter.com/MarioSiegesmund/status/436423968950878208
https://twitter.com/LeKWiNK/status/436279883376111616
https://twitter.com/VM_83/status/436415833167110145
https://twitter.com/angefixed/status/436429243552391169
https://twitter.com/henningtillmann/status/436287259638521857
https://twitter.com/MareikeScholz/status/436457112802451456
https://twitter.com/SchnubbiRunkel/status/436445381736824832
https://twitter.com/schnuffinchen_/status/436446592707485696
https://twitter.com/Alterliner/status/436447261531570177
https://twitter.com/BenjaminB677/status/436458256140369920