Überwachung: Ene mene muh und lügen musst jetzt du

Floyd 2 Kommentare Polit(r)i(c)k

Realistisch betrachtet werden zunächst einmal alle Daten erfasst. Davon gehe ich zumindest aus. Nach einigen Prüfverfahren, Filterungen, etc. landet alles was relevant ist auf den Tischen der amerikanischen und englischen Geheimdienste. Dabei geht es aus meiner Sicht weniger um den gläsernen Bürger, als vielmehr um die Erkenntnis, was aus Deutschland heraus politisch und wirtschaftlich kommuniziert wird. Das vorgeschobene und gern verwendete Terror-Argument kann dabei als Nebenschauplatz abgehandelt werden.

tl;dr

Prism Plus - die totale Überwachung in Deutschland
Seth Anderson / CC BY-SA 2.0

Die Terror-Angst

Da waren 20 Terrorwarnmeldungen in Afghanistan, Hilfe in Fällen von Entführung, wo die NSA entführte deutsche Staatsbürger lokalisieren konnte. Ohne Terror jeglicher Art verharmlosen zu wollen, macht dies doch den geringsten Teil der Überwachung aus. Vor allem sind diese Fälle keinerlei Begründung für die Zusammenarbeit mit den amerikanischen und englischen Geheimdiensten, da die Aufklärung der Fälle durch Satelliten über dem Jemen oder Funkabhörung in Afghanistan erreicht wurde, nicht durch eine Überwachung deutscher Bürger.

Wirtschaftliche und politische Interessen

Deutschland pflegt rege politische und wirtschaftliche Kontakte zur Volksrepublik China, einen der größten Konkurrenten Amerikas. „>Das Auswärtige Amt schreibt dazu:

China sieht Deutschland nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch als sein „Tor nach Europa“. Dynamische Handelsbeziehungen, Investitionen, Umweltzusammenarbeit, kultur- und wissenschaftspolitische Zusammenarbeit und intensiver hochrangiger Besucheraustausch prägen die Beziehungen.

Energiepolitisch gesehen stand und steht Deutschland über Jahre hinweg der russischen Föderation näher als Amerika. Auch in punkto Waffenexport ist Deutschland inzwischen als drittgrößter Exporteur von Waffen und Rüstungsgütern eine echte „Größe“ geworden:

Noch nie hat eine Bundesregierung mehr Exporte von Gewehren, Pistolen und Co. genehmigt als das schwarz-gelbe Kabinett unter Angela Merkel.

Jetzt nehmen wir noch die Bewältigung der Finanzkrise dazu und fertig ist der bunte Mix aus Gründen, die Amerika und England dazu veranlassen, frühzeitig über die Schritte Deutschlands informiert zu sein.

Jetzt beisst sich die Katze langsam in den Schwanz, denn natürlich geht diese Überwachung gegen die nationalen Interessen Deutschlands. Allerdings ist es die ureigenste Aufgabe eines Nachrichtendienstes, nationale Interessen mit legalen und illegalen Mittel durchzusetzen. Katze. Schwanz.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) weiss von nichts

Der Bundesnachrichtendienst analysiert die großen Dienste. Im Juni 1991 erschien eine Studie, wie sich die amerikanischen Dienste nach dem Kalten Krieg aufstellen werden. Ergebnis des BND: Wirtschaftsspionage wird die größte Aufgabe der Nachrichtendienste sein. Bereits damals befürchtete der BND, dass besonders die NSA nicht nur „Illegales“ observiert, sondern eben auch legalen Geschäftsverkehr von ausländischen Mitbewerbern.

Der Verfassungsschutz weiss von nichts

Bereits 2002 äußerte Harald Woll, Leiter der Abteilung Spionageabwehr beim Verfassungsschutz in Baden-Württemberg, folgendes:

Bad Aibling sehe ich als Bestandteil des weltweiten Aufklärungssystems Echelon. Von dort werden die Daten sicherlich nach Amerika übertragen. Nach allem, was ich weiß, gehe ich allerdings davon aus, dass dieses System Echelon speziell in Westeuropa zur Aufklärung der Wirtschaft eingesetzt wird.

Echelon ist der Name eines weltweiten Spionagenetzes, das von Nachrichtendiensten der USA, Großbritanniens, Australiens, Neuseelands und Kanadas betrieben wird. Wer mehr über die damalige Überwachung wissen möchte, darf sich gerne die Doku „Freund hört mit“ ansehen.

Nicht außer Acht lassen darf man, dass die Europäische Union im Zuge der Echelon Spionage einen Untersuchungsausschuss einsetzte, der im November 2002 forderte, dass die EU umgehend in Verhandlungen mit Amerika einsteigen sollte, um die Privatsphäre aller EU-Bürger und die EU-Wirtschaftsunternehmen zu schützen. Im Abschlussbericht stand auf Seite 117 unter Punkt 13.3.2 folgende Empfehlung:

2. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, eine europäische Plattform zu schaffen, um die gesetzlichen Regelungen zur Gewährleistung von Brief- und Fernmeldegeheimnis zu überprüfen, sich überdies auf einen gemeinsamen Text zu veständigen, der den Schutz der Privatsphäre, so wie er in Art 7 der Europäischen Charta der Grundrechte definiert ist, allen europäischen Bürgern auf dem Staatsterritorium der Mitgliedstaaten in seiner Gesamtheit gewährleistet und darüberhinaus garantiert, dass die Tätigkeit der Nachrichtendienste grundrechtskonform erfolgt, somit den in Kapitel 8 des Berichts, insbesondere in 8.3.4 aus Art 8 EMRK abgeleiteten Bedingungen entspricht;

Zum Thema Wirtschaftsspionage steht unter Punkt 13.3.9:

9. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, Überlegungen anzustellen, inwieweit durch
Regelungen im europäischen und internationalen Recht Wirtschaftsspionage und BestechungPE 305.391 118/119 PR\439868DE.doc DE
zum Zweck der Auftragsbeschaffung bekämpft werden können, insbesondere ob eine Regelung im Rahmen der WTO möglich wäre, die der wettbewerbsverzerrenden Wirkung eines derartigen Vorgehens Rechnung trägt, z.B. indem sie die Nichtigkeit solcher Verträge festlegt.;

Damals beendete der Rat die Vorschläge. 11 Jahre später stehen wir also erneut vor der gleichen Debatte. Sicherlich werden wir noch 6 Monate brauchen, bis die Debatte erneut erloschen ist, denn es liegt nicht im Interesse des Staatenbündnisses, die Überwachung zu stoppen.

Das Bundesamt für Sicherheit weiss von nichts

Auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik weiss natürlich von nichts. Ist ja auch egal, was unsere Regierung für Entscheidungen, Diskussionen, etc. digital führt, das Bundesamt weiss mit Sicherheit nichts von einem Zugriff amerikanischer Nachrichtendienste. Sicher.

Die SPD weiss nichts

Das Verhalten der SPD bei der Totalüberwachung ist verständlich. Die SPD wird einen Untersuchungsausschuss scheuen, wie die Fledermaus das Licht. Was würde man wohl antworten, wenn die Regierung aus CDU und FDP nach den Ursprüngen der Überwachung fragt. Ganz schnell wäre man da bei den Verwaltungsabkommen, die Willy Brandt 1968 mit den 3 Alliierten abgeschlossen hat. Da nutzten damals auch die Notstandsgesetze nichts, es durfte weiterhin abgehört werden. Hierzu kann ich das Buch Abgehörtes Deutschland von Joseph Foschepoth empfehlen.

Die Bundesregierung weiss alles

Zum Abschluss wäre folgende Frage zu klären: für wie minderbemittelt hält die Regierung ihre Wähler und Nichtwähler? Die Naivität, die jeder von uns der Regierung unterstellen müsste, wäre unendlich groß. Der Glaube daran sollte jedem von uns fehlen. Vielmehr sollten wir uns fragen, warum wir angelogen werden. Alle Dienste, die verpflichtet sind, alle Informationen an die Regierung weiterzugeben, haben dies sicherlich mit großer Sorgfalt getan.

Alleine die Regierung zeigt sich verwundert. Wenn Frau Merkel sagt, dass sie von nichts eine Ahnung hat und sich alle Abhörmassnahmen im Rahmen des deutschen Rechts bewegen, bleibt mir ein müdes Lächeln. Wenn Frau Merkel nämlich Lust an einer Aufklärung hätte, dann könnte sie sich jederzeit die entsprechenden Dokumente ihrer Nachrichtendienste besorgen. Hat sie bis jetzt aber anscheinend noch nicht getan. (Anmerkung: hat sie, wir dürfen das aber nicht wissen) Was bleibt der Regierung also anderes übrig, als alle möglichen Beteiligten mit in den Mund formulierter Aussage vor die Kameras zu schicken. Alles ist besser als das eigene Konterfei vor die Kamera zu bewegen und wahrheitsgetreu zu antworten.

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