Stuttgarter Zeitung absolut und komplementär

Floyd Kommentieren Gedankenfetzen

Einmal schwach geworden, schon wird man bestraft. Nachdem wir vor Jahren ein kostenloses Probeabo der Stuttgarter Zeitung getetestet haben kommen wir nun aus dem Teufelskreis der Marketingmaschinerie nicht mehr heraus. Zeitungsspam in unserem Briefkasten mit der Bitte die Zeitung erneut zu testen. Gestern lag wieder so ein tolles Angebot im Spamkasten. „Machtwechsel in Baden-Württemberg“ stand da.

Das Anschreiben der Stuttgarter Zeitung im Wortlaut

Baden-Württemberg hat gewählt.

Sehr geehrter Herr ….,
selten war eine Landtagswahl so spannend wie in diesem Jahr. Das überraschende Ergebnis hat hohe Wellen geschlagen, die auch in Berlin spürbar waren.

Im Mai wird der Regierungswechsel vollzogen und Grün-Rot nimmt das Zepter in die Hand. Welche Veränderungen kommen auf uns zu? Kann Grün-Rot sein Wahlsversprechen halten?

Als führende Tageszeitung in Baden-Württemberg verfolgen wir die Landespolitik besonders intensiv und laden Sie heute ein, mit uns die ersten 100 Tage der neuen Regierung zu begleiten. Wir machen es Ihnen leicht: Lesen Sie die Stuttgarter Zeitung 3 Monate lang zum Preis von nur 2 Monaten und sparen Sie 33 % gegenüber dem regulären Abo-Preis. Oder entscheiden Sie sich für das 1-monatige Kurzabo zum halben Preis.

Schicken oder faxen Sie uns einfach Ihre ausgefüllte Antwortkarte zurück.

Ich freue mich auf Ihre Antwort!
Joachim Dorfs
Chefredakteur

P.S. Nutzen Sie die Gelegenheit und bestellen Sie Ihr Kurzabo gleich. Es endet automatisch und ohne weitere Verpflichtungen für Sie.

Da ich weder die Antwortkarte zurückschicken werde, noch ein Faxgerät besitze habe ich mich entschieden auf dieses Angebot direkt hier im Blog zu antworten.

Antwort an die Stuttgarter Zeitung

Sehr geehrter Herr Dorfs,
gestern fand ich das Angebot über ein vergünstigtes Abo Ihrer Zeitung in meinem Briefkasten. Es stimmt, dass wir einmal ein Probeabo hatten, es stimmt aber auch, dass wir dadurch niemals Werbebriefe Ihrerseits zugestimmt haben. Lassen wir das mal aussen vor. Wieso sollte ich gemeinsam mit Ihnen die ersten 100 Tage der neuen grün-roten Regierung verfolgen? Ich kenne sie nicht. Die Stuttgarter Zeitung kenne ich allerdings. Ja, ich kann Ihnen sogar versprechen, dass wir unser damaliges Probeabo absichtlich nicht in ein reguläres Abo umgewandelt haben. Ganz einfach: die Tageszeitung in ihrer jetzigen Form ist ein dem Untergang geweihtes Medium. Dafür können Sie nichts, aber so ist es eben. In Zeiten von Smartphones, RSS Feeds und individualisierbaren Nachrichtenströmen ist eine irgendwie „unabhängige“ aber doch nicht so wirklich „unabhängige“ Tageszeitung so überflüssig wie nie zuvor. Mit den beiden Tageszeitungen Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten werde ich in einer Monokultur gehalten. Die Vielfalt geht verloren.

Gehen Sie ruhig davon aus, dass ich genau beobachte, was die grün-rote Regierung in den ersten 100 Tagen macht. Danach natürlich auch. Gehen Sie aber bitte auch davon aus, dass ich die Stuttgarter Zeitung definitiv nicht brauche. Ihre Meinung Herr Dorf, dass eine Tageszeitung ganz klar Stellung beziehen müsse, finde ich persönlich etwas befremdlich. Um stellungsbezogene Artikel zu lesen kann ich journalisitische Blogs lesen. Und glauben Sie mir, da sind richtig gute Journalisten unterwegs. Eine Tageszeitung sollte alle Seiten beleuchten, ohne eine Stellung beziehen zu müssen. Ein/e Redakteur/in darf sehr wohl Stellung zu bestimmten Themen beziehen, ja muss es sogar, aber eine gesaamte Tageszeitung braucht keine eindeutige Position. Die Stuttgarter Zeitung macht aus ihrer Position z.B. zu Stuttgart 21 einen ganzen Artikel. Dort schreibt Herr Maurer folgendes:

…und am Ende aber der Leserin, dem Leser auch eine klare Einschätzung zu liefern.

Das sehe ich ganz anders. Das Denken sollten Sie den Leserinnen und Lesern Ihrer Zeitung überlassen. Wenn sie ein Thema von allen Seiten beleuchten, aufklären, alle Stimmen zu Wort kommen lassen, wieso bedarf es dann einer eindeutigen Position/Einschätzung? Natürlich kenne ich den Redaktionsalltag in keinster Weise, aber solche Aussagen widersprechen meiner Überzeugung, dass Menschen sehr wohl in der Lage sind sich eigene Urteile zu bilden. Indem Sie aber eine ganz klare Einschätzung mit auf den Weg geben beeinflussen Sie den menschlichen Geist mehr als nötig. Schade, aber wohl unumgänglich.

Ausserdem könnten Sie der Grafikabteilung ausrichten, dass der Einsatz von Komplementärfarben bei der Antwortkarte mir meine Augen einfrieren lässt. Man muss doch nicht noch einmal das Wort „Grün“ und „Rot“ auf die jeweilige Komplementärfarbe setzen. Lesen kann das sowieso keiner, ausserdem darf man den potentiellen Neulesern auch etwas mehr zutrauen. Die Farbflächen rot und grün ohne Text wären ausreichend gewesen.

Das tolle Mailing der Stuttgarter Zeitung

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