Fotografische Analyse des Wahlplakats von Nils Schmid (SPD)

Floyd 9 Kommentare Fotografie, Polit(r)i(c)k

Was stört mich am Wahlplakat von SPD Kandidat Nils Schmid? Seit Tagen stelle ich mir diese Frage. Die Penetration kann es nicht sein, das machen alle Parteien. Hey, es ist Wahlkampf. Also habe ich das Plakat fotografiert und mir zu Hause etwas genauer angesehen. Aus fotografischer Sicht gibt es einige Kritikpunkte. In ihrer Summe führen sie zu meinem persönlich empfundenen Gesamteindruck.

Welche Eckpunkte sollte ein Wahlplakat erfüllen?

Zuerst schreibe ich nur über mein persönliches Empfinden. Dieses mag von Person zu Person unterschiedlich sein. Wir alle haben es gelernt oder gelernt bekommen. Ein Politiker muss Vertrauen in seine Leistungen auch zum Ausdruck bringen können. Verbal und auch visuell. Und das proaktiv. Visuell z.B. auf einem Foto, abrufbar zu Zeitpunkt X. Gerade bei Wahlplakaten, die man meist nur kurz wahrnimmt, ist dieser Punkt entscheidend. Dies ist natürlich direkt verknüpft mit der persönlichen Ebene. Welchen Typ Mensch findet man persönlich sympathisch? Lassen wir mal aussen vor, dass man bestimmte Typen per se nicht leiden kann. Was kann eine Fotografie bewirken? Ein Foto einer Person, die wir persönlich nicht kennen. Wir können diese folglich nur nach dem Foto beurteilen. Hierfür gibt es aus meiner Sicht einige fotografische Aspekte, die sich bewährt haben. Diejenigen, die man nicht unbedingt über Bord werfen sollte. Zumindest nicht viele. Am Beispiel „Nils Schmid“ versuche ich das nachzuweisen.

Wahlplakat Nils Schmid (SPD) zur Landtagswahl Baden-Würrtemberg 2011

Nils Schmid SPD Wahlplakat Landtagswahl 2011 Baden-Württemberg

1. Hängende Schultern

Umgangssprachlich kennen wir „die Schultern hängen lassen“. Von einem Politiker, der im Sinne des Volkes regieren soll erwartet dieses Volk eine gewisse Stärke und Durchsetzungsvermögen. Die hängenden Schultern auf dem Foto wirken dem entgegen. Aus meiner Sicht wirken sie nicht zwingend negativ, aber belanglos. Du solltest mich überzeugen. Mich, deinen von allen Parteien so umworbenen Kunden Wähler.

2. Gesichtsausdruck

Ebenso wie bei Punkt 1 empfinde ich den Gesichtsausdruck von Nils Schmid als nicht entschlossen genug. Ich bin fast geneigt zu sagen, dass ich seine Verunsicherung während den Fotoaufnahmen, neudeutsch Shootings, förmlich spüren kann. 50% Lachen und 50% ernste Mimik werden selten gute Freunde. Mehr Mut und Zuversicht im Ausdruck hätte dem Foto gut getan.

3. Die Faust

Da kommt sie endlich mal, wenn auch ein Stück zu forsch. Die Entschlossenheit. Die Faust als Symbol für Kraft, Mut und Entschlossenheit ist weitreichend bekannt. Dennoch wirkt sie bei Herrn Schmid wie ein Fremdkörper. Sie ist nicht passend zum Gesamtausdruck des Fotos. Hängende Schultern, eine gebogene Körperhaltung und dann eine Faust. Sorry. Meine bescheidene Meinung. Anderen Politikern würde ich eine Faust sofort abkaufen.

4. Der Hintergrund – der Träger, die Säule

Bis zu diesem Zeitpunkt hätte man während den Aufnahmen schon eingreifen können, aber jetzt kommen Kritikpunkte, die nicht mal Herr Schmid hätte verhindern können. Ja, es ist toll Politiker an ihrem Arbeitsplatz zu zeigen, auch wenn man von einem Arbeitsplatz auf dem Foto nicht viel sehen kann. Es entsteht ein gewisses Gefühl. Was aber soll dieser Träger, oder diese Säule direkt hinter dem Kopf von Nils Schmid. Durch die Räumlichkeit des Trägers empfinde ich die Störung im Bild wirklich enorm. Man kennt das von Urlaubsfotos, wo man die Liebsten am Strand fotografiert und diesen zu Hause auf dem Foto dann Bäume aus dem Kopf wachsen. Ein ruhigerer Hintergrund hätte das Foto bestimmt aussagekräftiger gemacht.

5. Der Hintergrund – die Jalousien

Doch nicht nur diesen Pfosten im Hintergrund empfinde ich als störend. Auch die Jalousien? Das sind doch Jalousien? Die Unschärfe im Hintergrund ist natürlich gut, um den Fokus auf die Person zu legen. Wenn jedoch durch die Unschärfe im Hintergrund aus Jalousien ein Stacheldraht wird, dann erhält man einen neuen Diskussionpunkt.

6. Der Ärmel

Leider wirkt sich dieser Punkt ebenfalls eher negativ auf den Gesamtausdruck aus. Keine Frage, da ist nichts getrickst, das ist der natürliche Faltenwurf bei dieser Haltung. Vielleicht wäre aber eine kleine Stecknadel von Vorteil gewesen, um die extreme Ausbeulung am Oberarm zu verhindern. Es entsteht ein heftiger Knick am Übergang von Oberarm zu Unterarm. Das Auge folgt aber an diesem Knick nicht dem Unterarm, sondern geht weiter Richtung Oberschenkel/Bein. Hierdurch entsteht ein Bogen in der Gesamthaltung von Herrn Schmid, der erst durch die hängenden Schultern wieder aufgefangen wird.

Fazit meiner Interpretation

Die Summe oben genannter Anmerkungen sind verantwortlich für den Gesamteindruck. Unabhängig davon, wie viel Geld eine Partei in einen Wahlkampf steckt: ohne das richtige Foto ist der Wahlkampf nur die Hälfte wert. Natürlich sind wir aufgeklärt und haben uns alle das Parteiprogramm der jeweiligen Parteien durchgelesen. Von vorne bis hinten. Doch nicht selten sind wir Menschen geneigt uns von dem leichten und schnellen Informationsfluss einholen zu lassen. Der Fluss, der manchmal eben auch zu einem reissenden Strom werden kann.

Ja, mir ist bewusst, dass DORTEN die SPD Kampagne entwickelt hat. Zumindest den Wahlwerbespot, wie man an der Facebook Wall von DORTEN lesen kann. Schon dort ist bei einigen Kommentaren ersichtlich, dass der Kandidat Nils Schmid nicht sonderlich telegen ist;) Ja, ich weiss auch, dass ich früher bei AGI gearbeitet habe. AGI, die Vorgänger-Agentur von DORTEN. Und nein, das soll auf keinen Fall ein kollegialer Negativpost sein. Und ja, jeder weiss, dass ich Christian Schwarm, den Geschäftsführer von DORTEN, für seine kreativen Ideen sehr schätze. Und einige Mitarbeiter, die ich von damals noch kenne, auch. Die anderen kenne ich nicht mehr. Und ja, jetzt ist Schluss mit den Belobigungen;)

9 Meinungen zu “Fotografische Analyse des Wahlplakats von Nils Schmid (SPD)

  1. Ist eigentlich die gesamte Kampagne auf Dortens Mist gewachsen? Die scheinen mir irgendwie kein so glückliches Händchen zu haben… auch dieses Plakat

    http://stuttgarter-zeitung.de/media_fast/1203/plakat.807815.jpg

    finde ich ehrlich gesagt ziemlich peinlich. Zugegeben, der ORT an dem es hängt, ist super, aber das Plakat? Nee also…

    Und dann diese komischen Fragen, die hier überall hängen („Kann Umwelt Arbeitsplätze sichern?“)… auch ziemlich panne. Naja.

    1. Ich weiss nicht, ob DORTEN für die ganze Kampagne verantwortlich ist oder nur in Teilen. Das Plakat vor der CDU Zentrale fand ich aus werberischer Sicht nicht schlecht, denn medienwirksam war es im Stuttgarter Raum allemal.

      Die CDU hatte das Plakat gar abgehängt und das machte dann gestern so leicht die Runde: YouTube Video CDU hängt SPD Plakat ab

      Wir stehen ja erst am Anfang des Wahlkampfes. Habe auch schon verlauten hören mit was die CDU noch alles an den Start kommen will. Die dicken Mappus Plakate werden bis ganz zum Schluss aufgehoben und dann massiv eingesetzt;) Das wird ein Spaß!

  2. Super spannende Analyse! Mich würde jetzt eine ähnlche Analyse zu den Goll-Plakaten interessieren: http://chateaulouis.files.wordpress.com/2011/01/goll1.jpg

    Es gibt da ja auch noch ein zweites, bei dem er mit anderen Personen an einem Tisch sitzt, das kann ich im Netz aber leider nicht finden, allerdings hat die FDP es auf ihrer Homepage als Banner (sechstes Bild im Durchlauf): http://fdp-bw.de/home.php

    Und dann gibt es da ja noch ein drittes Plakat von ihm auf dem Motorrad, das aber letztlich dann doch nicht plakatiert wurde, wie man hier nachlesen kann: http://chateaulouis.wordpress.com/tag/landtagswahlkampf

    Schade eigentlich, denn meiner Meinung nach ist sein Gesichtsausdruck auf diesem dritten Plakat am authentischsten. Das Grinsen auf den beiden anderen wirkt doch arg verkrampft. Auch die Körperhaltung auf dem Fenster-Plakat finde ich alles andere als entspannt (und eigentlich soll das Plakat ja entspannt wirken, denke ich). V.a. diese verkrampfte Hand auf dem Fenstersims passt da nicht wirklich ins Bild. Auf dem Tisch-Bild stört mich, dass hier sein Anzug irgendwie deplatziert wirkt. Das soll doch eine eher lockere Runde darstellen, wieso sitzt er dann bitteschön im Anzug mit Krawatte am Tisch? Die anderen sind jedenfalls deutlich legerer gekleidet. Da hätten sie ihm mal lieber dasselbe Outfit wie bei dem Fenster-Plakat verpasst, finde ich…

    1. Oder zu wenig, um das Plakat noch weiter zu analysieren. Ich verstehe, dass du das vielleicht als sinnlos erachtest, und das repektiere ich. Um noch ein Stück weiter in der Analyse zu gehen und beim Thema des Artikels zu bleiben: Ist dir aufgefallen wie klein die Aussage des Plakats ist? Das ist für ein Wahlplakt nicht gerade förderlich, oder? Da muss man schon wirklich vorbeilaufen um die Botschaft zu verstehen. In der Regel fahren aber die meisten aber mit dem Auto an solchen Plakten vorbei. Und glaube mir, ich würde gerne eine positive Analyse schreiben, aber das wäre unehrlich.

  3. Das Bild hängt auch bei mir im Ort und auch ich schaute genau hin und dachte dabei an meine selbstgebaute, illuminierte Küchenzeile.
    Denn der Hintergrund sind, wenn ich richtig sehe, Glasbausteine.
    Meine Interpretation dazu. Glasbausteine. Seit den 60er zum zweiten Male wieder so richtig hip.
    Glasbausteine sind sehr stabil und transparent bzw durchsichtig. Ich glaube das das die Idee gewesen sein könnte.
    Danke für diesen Beitrag

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