Kindern den Tod erklären – ich habe keine Ahnung

Als Eltern weiss man: der Tag wird kommen, an dem Kinder mit dem Thema Tod in Berührung kommen. Sei es durch eine Geschichte, einen persönlichen „Fall“ im Familienkreis, oder andere Erlebnisse. Letzte Woche ist die Uroma der beiden Kinder verstorben. Die Kinder hatten keinen wirklichen Bezug zu ihr, da sie schon sehr lange in einem Pflegeheim lebte und seit der Geburt der Kinder nicht wirklich ansprechbar war. Uroma wurde tolle 93 Jahre alt. Nach einem langen Weg des körperlichen Abbaus sind ihre Lebensfunktionen erloschen. Die Funktionen, die sie so lange bei uns liessen. Nächste Woche findet die Trauerfeier statt und wir gehen als Familie hin. Was passiert mit den Kindern?

Meer
Quelle: spreeblick / CC BY-NC-SA 2.0

Wie erkläre ich das meinem Kind?

Als Einwohner Digitaliens habe ich erstmal sämtliche Webseiten befragt, wie man Kindern im Kindergartenalter den Tod „erklären“ könnte. Die Kinder hatten, wie bereits erwähnt, kein inniges Verhältnis zu ihrer Uroma, aber ich habe mir die letzten Tage viele Gedanken dazu gemacht, falls Fragen auftauchen. Die erste Frage, die sich mir stellte: darf ich Kindern durch meine Erklärungen meine Sicht auf das Leben mitteilen? Die Entscheidung fiel auf „Ja, das muss ich sogar.“ Doch werde ich versuchen zu erklären, dass das eben nur meine Sicht ist und andere Menschen ganz anders darüber denken.

Irgendwie erinnert mich das alles an den Film „Almanya – Willkommen in Deutschland„. Im Film stirbt der Opa und der Vater sitzt mit seinem Sohn unter einem Baum. Neben beiden ist ein kleiner Bach (oder eine Pfütze, weiss ich nicht mehr genau) und der Vater versucht anhand von Wasser die unterschiedlichen Zustände zu erklären. Es gibt Wasser, wenn es kalt wird friert das Wasser zu und wird zu Eis, wenn es heiss wird, dann verdampft das Wasser. Anhand dieses Beispiels versuchte der Vater dem Kind den Tod zu erklären. Auf die Frage, ob er alles verstanden habe, antwortete der kleine Junge: „Klar, Opa ist verdampft.“ Prima.

Ganz so schwierig wollte ich das nicht erklären, ich dachte eher an eine komplexe Erklärung anhand einer Zeitung. Wenn man diese verbrennt, ist die Materie immer noch da, aber der Inhalt nicht mehr lesbar, etc. Na ja, ihr wisst wahrscheinlich worauf ich hinaus möchte, denn ich habe keine wirkliche kindgerechte Erklärung parat. Nur meine eigene Form von Glauben, die da besagt: wenn es einen Gott gibt, dann steckt der in allem, was um uns herum passiert. In einem Baum, in anderen Menschen, etc. Wenn es einen Gott gibt, dann sind wir alle Gott und handeln im Bewusstsein dessen. Dies würde bedeuten, dass Uroma in einer Blume steckt, im Wasser fliesst, durch dich weiter spricht, etc. Uroma ist praktisch überall.

Erklärungen wie „Oma ist jetzt im Himmel“ oder „Die Engel haben Oma agbeholt“ konnte ich schon als Kind nicht leiden. Mein Onkel ist sehr früh verstorben. Zu dieser Zeit war es noch üblich so liebliche Umschreibungen wie „Dein Onkel ist in Ruhe eingeschlafen“ zu sagen. Was hatte ich für Schiss, als ich mich damals abends schlafen legte. Und ich war bereits 7 Jahre und Schulkind.

Insofern möchte ich es vermeiden, meinen Kindern irgendwelche Plattitüden vorzugaukeln, die ihnen mehr Angst als Hoffnung geben. Habt irh bereits mit euren Kindern über den Tod gesprochen? Bin für nette Denkanstösse offen. Danke und ein schönes Wochenende.

6 Meinungen zu “Kindern den Tod erklären – ich habe keine Ahnung

  1. ..wie wäre es mit http://bestatterweblog.de/tante-gerda-ist-tot-tod-im-kindergarten/ und http://bestatterweblog.de/mussen-kinder-alles-wissen/ ?
    ..auch hier http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2013/03/31/die-gefahr-des-glaubens-an-ein-leben-nach-dem-tod/ lässt sich etliches dazu finden.
    Auch die Kommentare lesen.

    Junior weiß, dass ich einmal sterbe und mein Körper dann zerfällt. Ich werde wieder zu Sternenstaub und einzelnen Atomen und bin so irgendwie immer da.

    Allerdings habe ich ihm gesagt, dass ich dann nicht beobachtend um ihn schwebe, höchstens eine dünne Kuschelhülle aus Liebe bilde, und dass alle Antworten, die ich ihm geben könnte, jetzt schon in ihm schlummern.

  2. Oma ist einfach tot. Mein Kind hat nicht gefragt, was mit der Uroma hinterher passiert ist, sie kam auch gar nicht auf irgendwelche abstrakten Gedanken wie „im Himmel“ oder so. Das passiert vermutlich am ehesten dort, wo Eltern einen eigenen Glauben haben und diesen dem Kind weitergeben. Ich meine, ich habe nur erklärt, dass sie gestorben ist und somit nicht mehr da. Das ist nicht sehr hilfreich, ich weiß. Ich denke nur, dass ich nicht mehr erklären würde, als das Kind tatsächlich wissen möchte. Bei anderen Themen, die solche Bereiche streiften, habe ich übrigens gesagt: Manche Menschen glauben, dass… und andere glauben eben etwas anderes.

  3. Greetings Floydman,

    jau, was ich schwierig fand, war die Wortwahl. Was kann das Kind verstehen, was ist einfach zu hoch gegriffen und möglicherweise zu abgehoben?
    Da ich als 6-jähriger selbst mit dem „Tod“ meiner Mutter konfrontiert war, der ja dann „nur“ ein Nah-Tod war, war es im Nachhinein für mich kein Problem mehr damit zurecht zu kommen. Und ich erzählte, was meine Mutter mir erzählte.

    Als erstes muss man verstehen, dass Kinder noch nicht so ego-behaftet denken wie Erwachsene. Wir verlieren jemanden/etwas. Weil wir unser Dasein von Existierendem abhängig machen ist es für uns schwerer. Wir können nicht loslassen. Wir trauern eher um unsere Lücke, unser Verlorenes, da wir der Meinung sind, wir können nicht ohne. Wer oder was da verloren ist, wird zweitrangig. Es geht wieder mal um uns. Wir haben Angst vor Trauer, aber die gehört dazu wie die Freude.

    Wenn ein Kind etwas/jemanden verliert, dann ist das nur kurz von Bedeutung, da das Leben weiter geht und Verluste als gegeben hingenommen werden. Je früher ein Kind schon „Besitzansprüche“ anmeldet, desto mehr Probleme wird es bekommen, wenn etwas/jemand nicht mehr da ist.

    Um noch mal zu meiner Mutter zurück zu kommen. Sie hat mir ihr Nahtod Erlebnis geschildert. Mit allen später von anderen „Fast-Gestorbenen“ ähnlich klingenden Ereignissen, wie z.B. sie verlies ihren Körper und schwebte ohne Schmerzen nach oben, das Leben läuft wie ein Film komprimiert vor einem ab – alle Gefühle sind verstärkt vorhanden und man kann die Gefühle derjenigen fühlen, die man erfreut oder verärgert hat. Man „fliegt“ durch einen Tunnel einem Licht entgegen. Alle verstorbenen Verwandten sind da und begrüßen einen herzlich. Schöne Musik, fast unbeschreiblich, und ein leichtes Gefühl, grenzenlose Liebe und das Näherkommen des Lichtes bis man ganz eingehüllt davon eine Lichtgestalt wahrnimmt. Diese Lichtgestalt sagte ihr, dass es noch nicht so weit wäre und sie noch einiges zu erledigen hätte. Sie wollte aber nicht zurück, doch sie konnte nichts tun dagegen, dass sie wieder „in ihren Körper“ zurück musste. Dann empfand sie wieder alle Schmerzen, die sie bei dem Autounfall erlitten hatte und auch das Bewußtsein war wieder getrübt.

    Als Kind klang das so phantastisch, dass ich wußte, o.k. es gibt Gott und meine Mutter hat ihn gesehen. Ob das nun Jesus war, oder wer auch immer, das war mir egal, denn ich war gewiß, meine Mutter lügt nicht. Es gibt Gott!

    Seit der Zeit beschäftige ich mich damit. Ein Tod ist für mich kein wirklicher Tod. Die Seele scheint tatsächlich ohne den Körper leben zu können. Wie im Traum, wo ich auch nicht körperlich rumspacke, aber scheinbar doch alle Funktionen erlebe, Gefühle habe und Dinge erledige. Nur anders.

    Egal, weiß nicht, ob das Dir was bringt. Wissenschaftler behaupten, das wäre nur das Gehirn, welches diese Zustände vorgaukelt. Noch keiner hat einen ganz Toten sprechen können, wie auch immer. Aber wenn diese Zustände nur vom Hirn erzeugt werden, wer ist der Schöpfer des Gehirnes und der Möglichkeit dieser Zustände?

    Wünsche Dir und der Familie das Beste! Du findest im richtigen Augenblick auch die richtigen Worte. Alles andere erledigen die Kinder schon selbst.

    Jah Blessings!

    Thor Stenman aka. sunOne der Sonnenmann;-)

  4. Eine ganz schwierige Frage. Unsere Jungs sind 3 und 4 Jahre alt und ihr Opa letztes Jahr gestorben. Mein Mann hat sich, obwohl Atheist, der Himmelsmetapher bedient und ich weiß nicht, ob ich so wirklich glücklich damit bin. Für die Kinder scheint es tröstlich zu sein, die Fragen nehmen aber zu und noch fahren wir ganz gut damit, nur die Fragen selbst zu beantworten („Kommt er wieder zu uns?“, „Werden wir auch sterben?“, „Stirbst du auch mal?“).
    Mit einem christlichen oder religiös geprägten Hintergrund fiele es mir manchmal leichter, insofern kann ich zwar nicht weiterhelfen, bedanke mich aber für die Zeitungsmetapher, die mir gut gefällt und auch für unseren Großen verständlich ist.

  5. Liebe Alle,

    das fängt ja schon an mit dem Satz: „Den Tod erklären…“, ja wie in aller Welt soll man denn etwas erklären was man selbst nicht verstehen kann? Denn wir sind ja alle aus diesem Mysterium ausgeschlossen und erleben eben nur den Abschied von einer Person.

    Ich finde, dass es wichtig ist den eigenen Glauben zu teilen, doch es geht auch um Trost, wenn nicht bei der ungebekannten Uroma, so spätestens in dem schmerzlichen Moment, in dem dem Kind klar wird, dass Mama und Papa sterben werden, und das höchstwahrscheinlich vor ihm selbst.

    Mein Sohn, sechs Jahre, hat das schon begriffen und bitterlich beweint. Selbst wenn man nun selbst glaubt, dass nach dem Tod nur das grosse Rabenschwarze nichts wartet finde ich es keine gute Idee das so weiter zu geben. Es grenzt hier in Deutschland manchmal schon an Brutalität wie man versucht alles „realistisch“ und wahrscheitsgetreu zu beantworten. Zu einer Kinderwelt gehört Magie und ein magisches Weltbild. Meiner Meinung nach ist es für Kinder viel weniger wichtig ob etwas tatsächlich so ist (zB ob es den Osterhasen wirklich gibt) als das Gefühl und erleben, das damit verbunden wird, die Vorfreude, das Suchen, das Kribbeln.

    Wenn wir Erwachsenen ins Theater gehen wissen wir ja auch, dass das was dort passiert nicht „echt“ ist und doch kann es uns berühren. Daher finde ich viel wichtiger als eine „Erklärung“ das Gefühl, das man transportiert und teilt, wenn man mit einem Kind über den Tod spricht.
    Wir haben unsere eigene Geschichte in unserer Familie wie das ist mit den Seelen, wie wir geboren werden und sterben. Darüber reden wir total viel. Diese Bilder sind für unseren Sohn total lebendig und tröstlich.

    Neulich haben wir ein wunderbares Buch gelesen, da ist der Enkel sehr traurig wegen des Todes und der Opa sagt:“Die einzige Alternative ist niemanden zu lieben“. Das hat mich sehr berührt und wir sagen das auch immer wieder, dass wir das nicht wollen und daher die Trauer wählen uns einmal zu verliehren…. Ach, da ist einfach so viel Gefühlsreichtum drin und das finde ich wichtig. Dass Kinder nicht mit der hilflosen Nüchternheit ihrer Eltern abgespeist werden, sondern wir uns trauen gemeinsam zu diesem Mysterium hin zu sehen.

    Anne

Schreibe einen Kommentar zu René Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.