Die Meldung ist jetzt keine barandaktulle News. Aber in Zeiten der „Jeden Tag passiert politisch etwas Neues“-Bewegung sind ein paar Tage eigene Gedanken vielleicht auch hilfreich. Ein Herr Westerwelle gibt also seinen Bundesvorsitz auf, besser gesagt er kandidiert im Mai nicht mehr. Und ja, da ist ein kleiner aber feiner Unterschied. Option 1 basiert auf Freiwilligkeit, Option 2 auf Angst. Der Angst vor einer Niederlage.
Nach 10 Jahren als FDP-Bundesvorsitzender wäre das kein würdiger Abgang. Da nimmt man lieber selbst das Heft in die Hand und erteilt einer erneuten Kandidatur eine Absage. Sicher ist sicher. Kann man sich so den Respekt innerhalb der eigenen Partei erhalten? Mit dem Wissen, welche Personen als mögliche Nachfolger gehandelt werden. Die Jungen sollen es richten. Ganz ehrlich, die FDP ist einfach keine Partei mehr. Weder Rückgrat, noch der Kampfeswille auf eine bessere Zukunft sprechen aus dieser Partei. Das ist der pure Frust.
Rücktrittserklärung von Guido Westerwelle
Die verschobene Wahrnehmung der Realität
Am 15. Mai 2009 wurde Westerwelle noch mit 95,8 Prozent auf dem FDP-Bundesparteitag in Hannover als Parteivorsitzender im Amt bestätigt. Das ist noch nicht einmal 2 Jahre her. Jetzt das Aus. Das zeigt in welcher Geschwindigkeit der Liebling innerhalb der eigenen Partei zum politischen „SuperGAU“ wurde. Da wird der Frustfaktor erst so richtig sichtbar. Bei Westerwelle kann man im Gegensatz zu Guttenberg schon absehen, wer in seine Fußstapfen treten könnte. Ob das einer am Boden liegenden Partei wirklich wieder auf die Beine helfen kann?
Die Parallelen zur CDU in Baden-Württemberg sind ähnlich. Wie wahrscheinlich immer im politischen Alltag. Hat die Partei einmal verloren hat sie ein Glaubwürdigkeitsproblem. Dann muss immer die Mär von der neuen Ausrichtung der Partei herhalten. Anschliessend laufen alle wie parallelisiert umher und erzählen den Bürgern von ihrer „neuen“ Partei. Frau Gönner wollte die CDU in Baden-Württemberg ebenfalls neu aufstellen und kandidierte selbst für das Amt der CDU-Landesspitze. Entschuldigung, aber da war der Lernfaktor ebenso gering wie logisch. Als Teil des politischen Problems zu kandidieren zeugt lediglich von einer verschobenen Wahrnehmung der Realität. Und wer ist diese Realität? Die Bürger.
Philipp Rösler – der mögliche Nachfolger von Westerwelle
Doch zurück zur FDP. Mögliche Nachfolger für Herrn Westerwelle gibt es viele. Das Karussell dreht sich und irgendwo wird es dann stehen bleiben. Doch der momentane Zustand der FDP lässt sich an dem vermeintlichen Spitzenkandidaten für den Parteivorsitz ablesen: Philipp Rösler. Wie bitte, das soll die Neuausrichtung der FDP sein? Unser lieber Herr Gesundheitsminister, der es innerhalb kürzester Zeit geschafft hat, dass unser Gesundheitssystem veramerikanisiert wurde. Leider hat Herr Rösler in seinem großen Masterplan vergessen, dass sich die Leistungen der Krankenkassen erhöhen, statt verringern sollten. Na ja, kann schon mal passieren. Das ist sie eben, die soziale Marktwirtschaft. Und der Posten als Vizekanzler ist gratis im Paket dabei. Das will die Wester-Welle Guido nämlich auch nicht mehr machen. Super.
Die FDP – kein Personalproblem sondern ein Parteiproblem
Wie war das damals mit der sozialen Marktwirtschaft? Darauf beruht die FDP doch schon seit ewigen Zeiten nicht mehr. Um nochmal ins Gedächtnis zu rufen, was eine soziale Marktwirtschaft wirklich bedeutet, folgendes Wikipedia Zitat:
Soziale Marktwirtschaft ist ein gesellschafts- und wirtschaftspolitisches Leitbild mit dem Ziel, „auf der Basis der Wettbewerbswirtschaft die freie Initiative mit einem gerade durch die wirtschaftliche Leistung gesicherten sozialen Fortschritt zu verbinden“.
Ach so. Ja klar, jetzt leuchtet mir das ein. Die Wettbewerbswirtschaft, die ja gerade in der Pharmaindustrie allseits bekannt ist. Prima. In Zeiten, in denen Lobbyinteressen wichtiger sind als der Bürgerwille, ja, in diesen Zeiten braucht man nicht von sozialer Marktwirtschaft sprechen, oder? Dieses klientele Geklüngel der FDP und das Verständnis dieser Partei zu einer sozialen Gerechtigkeit kostet der Partei Kopf und Kragen. Und nicht Personalie X oder Y. Nun gut, so muss ich mir zumindest um die Zukunft der FDP keine Sorgen machen. Da kann man die Medaille von beiden Seiten betrachten. Sie wird immer gleich aussehen.
Wie lange bleibt Westerwelle noch Aussenminister
Bei Spreeblick gibt es eine aktuelle Umfrage, wie lange Westerwelle wohl noch Aussenminister bleibt. Auf die Ergebnisse bin ich gespannt, vor allem weil ich diese Rückzugsszenarien äusserst dubios finde. Westerwelle war als Parteivorsitzender angeblich nicht mehr haltbar, als Aussenminister aber schon? Wie erkläre ich das nur meinen Kindern? Am besten gar nicht.