Achtung Parkverbot – Platzhirsch, Platzkopf und ein iPhone

Floyd 4 Kommentare Der letzte Fake

Gestern abend kam ich etwas später nach Hause. Kein Parkplatz in Wohnungsnähe, also parkte ich ein Stück entfernt. Heute morgen wollte ich meine Kinderlieferung dem Kindergarten zustellen. Wir, die Kinderlieferung und ich, laufen zu unserem Auto und sehen aus der Ferne einen Mann, der sich wahnsinnig aufplustert und echauffiert. In meinem Kopf klingelt die Alarmglocke. Der Mann scheint sich über unser parkendes Auto zu ärgern. Chic gekleidet erwartet er unsere Ankunft. Sein Kopf scheint mit jedem Schritt den wir näher kommen größer zu werden. Meine Hoffnung, dass der Kopf platzen könnte erfüllt sich nicht.

Schild Ausfahrt freihalten - wer hier parkt fährt auf Felgen heim

Begüßung der besonderen Art

Am Auto angekommen wehen mir die überraschenden Worte „Sie Naiver sind also der Besitzer des Autos“ entgegen. Ich gebe mich überrascht, überlege kurz, ob ich verneine und vorbeiflaniere, um kurz darauf mit „Ja“ zu antworten. Mir fällt auf, dass unser Auto direkt vor einer Ein/Ausfahrt parkt, die am Abend zuvor wie ein schmaler Fußgängerweg aussah. Mein Fehler. Der große BMW, der durch unser Auto blockiert ist, steht teilnahmslos da. „Die Polizei ist bereits informiert, der Abschleppwagen auch“, informiert mich der Unbekannte. „Ausserdem hatte ich bereits um 8 Uhr einen Termin, bei dem es um eine nicht unerhebliche Summe ging“ hallt es mir aus seinem sich seltsam verformenden Mund entgegen. In meinem Kopf entsteht das Bild einer grossen Menge Dollarnoten, die von einem sehr sehr hohen Haus nach unten fallen. „Das Blockieren der Ausfahrt tut mir sehr leid“, erwidere ich.

Plötzlich wird mein Blick durch andere Stimmen die mich zu bedrohen versuchen nach oben gezogen: „Penner, das sieht doch ein Blinder, dass da eine Einfahrt ist.“ Erstaunt stelle ich fest, dass es Menschen egal ist, ob sie morgens um 8 Uhr bei -4 Grad in T-Shirts und Shorts auf ihren Balkonen stehen, solange sie der deutschen Tugend des Beschimpfens frönen dürfen. Bei einem der Balkonsteher erkenne ich schon Reif auf den Beinhaaren. Er scheint schon länger da zu stehen. Das verrate ich aber nicht, stattdessen rufe ich ihm zu: „Balkonsteher 2, ich würde mich freuen, wenn Sie sich zuerst etwas anziehen könnten, bevor Sie mich beschimpfen. Ich habe ein Kind dabei. Herzlichen Dank.“

Die Aktion wird abgeblasen

Plötzlich zückt der Mann, dem ich die Ausfahrt versperre sein iPhone und telefoniert. „Guten Tag, ich bin es nochmal. Der Mann, dem das Auto gehört ist jetzt aufgetaucht. Sie brauchen den Abschleppwagen nicht mehr schicken. Auf Wiederhören.“ Abgesehen davon, dass kein Mensch mehr „Auf Wiederhören“ sagt wird mir bewusst in welche Lage er mich mit dem Anruf gebracht hat. Ich sollte mich jetzt sehr dankbar zeigen, doch noch bevor ich mich dazu überwinden kann pfeift mir sein „Ich habe Ihnen gerade 150,- EUR Abschleppkosten erspart“ in die Ohren. In meinem Kopf ist inzwischen nur noch ein Gedanke: wann ist diese Situation hier endlich zu Ende.

Mein Sohn, der bis dahin immer wieder kleine Zwischenfragen stellte erwähnte, dass er die Polizei nicht hören möchte. Ich steckte ihn auf seinen Kindersitz, erklärte, dass er keine Angst vor dem Mann und der Polizei zu haben braucht. Mit einem Liedchen pfeifend begann ich die Zeit bis zum Eintreffen der Polizei mit Scheiben Kratzen zu überbrücken. Dabei liess ich mir Zeit, denn Bewegung ist ein probates Mittel Kälte zu bekämpfen. Dachte ich.

Frontalangriff auf meine Ohren

Plötzlich rief der Mann mit lauter Stimme, dass ich mich doch etwas beeilen solle. Entweder funktioniert mein Kopf in diesem Moment noch nicht richtig, aber ich bin immer noch der Ansicht, dass wir auf die Polizei warten. Also rufe ich ihm zu, dass ich noch keine Polizei sehe und wir auf diese warten müssten. „Nein“, schreit der Mann jetzt noch lauter, die habe ich doch vorhin bereits angerufen. So langsam brodelt es in meinem Kopf, meine anfänglichen sich entschuldigende Gedanken mischen sich mit anderen Gedanken, die diesem Mann nicht wohlgesonnen sind. Das mündet in der Aussage „Sie haben doch nur den Abschleppwagen abbestellt.“ Mutig, nicht wahr.

Ich spüre, dass er sein Spiel nicht weiter fortsetzen möchte und kratze die Scheiben noch etwas langsamer. Kurze Zeit darauf sprengt der Mann den obersten Knopf seines Hemdes und brüllt „Jetzt fahren Sie endlich weg, es kommt keine Polizei mehr!“ Ich wäge ab, ob ich meinen Half-Life oder Real-Life Gedanken freien Lauf lassen möchte, entscheide mich für Letzteres:

„Sagen Sie mal, wo liegt das Problem. Ich habe mich für das Falschparken entschuldigt. Sie rufen die Polizei und den Abschleppwagen. Ok. Sie drohen mir indirekt mit finanzieller Haftung für einen Ihnen möglicherweise entstandenen Schaden. Und jetzt ist von all dem nichts mehr übrig. Ich bin entsetzt. Vielleicht wissen Sie aber auch, dass Sie die Abschleppkosten hätten bezahlen müssen, um diese später von mir einklagen zu können? Diese ganze Aktion hätte vor 15 Minuten beendet sein können, aber Sie wollten mich noch etwas zappeln lassen, im Beisein meines Kindes. Menschlich finde ich das nicht so fein von Ihnen. Trotz allem wünsche ich Ihnen gute Besserung und einen wunderbaren Tag. Ach ja, bevor ich es vergesse: das nächste Mal sollten Sie ihr iPhone bedienen bevor Sie es sich ans Ohr halten. Das erhöht Ihre Glaubwürdigkeit nicht unerheblich.“

Die Männer vom Balkon ziehen nochmals einen vom Leder und ich steige ein und fahre davon. Mit einem Mittelfinger lenke ich, mit dem anderen bediene ich die Gangschaltung. Das lasse ich mir dann doch nicht nehmen.

Bildnachweis
mightypiratethreepwood, CC BY 2.0

4 Meinungen zu “Achtung Parkverbot – Platzhirsch, Platzkopf und ein iPhone

  1. Mach Dir keinen Kopf. Der Typ hat sich mit seiner „Ich-will-mich-aber-aufregen-Nummer“ nur im Tag geirrt. Heute ist doch gar nicht Montag.

  2. @daMax: Das war tatschlich eine kranke Darbietung, die sich mir da bot. Wahrscheinlich dachte er, dass man bei einem iPhone nichts mehr machen muss, ausser sprechen;)

    @Whoever: Hoffentlich stimmt deine Montagsvermutung. Ich hatte eher das Gefühl das war so ein Montag-Sonntag Nummer. Aber was will man machen. Manchmal geniesse ich solche Momente und das ganze teils absurde Leben zieht in diesen Momenten an mir vorbei. Die Balkontypen, der Kerl mit seinem Auto, usw. Ich bin aber bestimmt keineswegs besser und rege mich dafür über andere Themen auf;)

  3. Naja, so ein kleiner „Aufreger“ in der Woche kann ja – so mal ganzheitlich betrachtet – belebend wirken, zumindest für den Kreislauf. Ich sehe es so: bei manchen Menschen ist die „Wallungsschwelle“ durch regelmässigen Konsum eines „Aufregers“ stetig gesunken, so dass der Bedarf nach einem täglichen „Aufreger“ entstanden ist. In ganz schlimmen Fällen kann sich das explosionsartig zu stündlichen „Aufregern“ vertakten. Arme Socke, fällt mir dazu nur ein und werfe grosszügig Baldrianperlen unters Volk.

    So ne Balkontype wohnte in unserem letzten Domizil über uns: Balkon-Raucher und -telefonierer, Doppelripp-Unterhemd, Jogginghose von Kik, Flip-Flop ganzjährig (so ging der auch mit seinem Hund, immerhin eine Dogge, bis zum nächsten Busch „Gassi“). Der kommentierte auch alles und jeden von seinem Hochsitz da oben. Da kommt Freude auf. Nach einer Sommer“säsong“ stellten wir jegliche Gartennutzung ein und suchten uns eine neue Unterkunft ohne Balkontyp im Doppelripp über uns.

    Das erinnert mich an ein anderes Balkontyp-Erlebnis, wenn ich gerade so am Plaudern bin. Hausabrissarbeiten und der zuständige Dödel von der Stadt hatte vergessen, zu veranlassen, dass die Gasleitung abgeklemmt wird. Ich war gerade in der Grundschule, um Kind samt Nachbarskinder abzuholen, als die nicht zu überhörende Anweisung von einer Polizeistreife kam, dass die Schule und das ganze Quartier geräumt werden müsste und dass man bis so und so viel Strassen weiter Abstand halten sollte. Und es roch schon ganz unheilvoll nach Gas. 420 Kinder machten sich mehr oder minder aufgeregt auf den Weg… An der nächsten Strassenecke pöbelte ein Balkontyp-Raucher zu uns runter, was wir da für ein Lärm veranstalten würden, ob schon wieder grosse Pause wäre und eine Frechheit wäre das, dass die Kinder sich jetzt schon wieder draussen aufhielten. Ich rief zurück: „Wenn wir hier vorbei sind, kannste ja mal Deine Kippe runter schnippen, dann weisst Du was Sache ist!“ Seine Antwort darauf lasse ich mal weg, für den Fall, dass hier Minderjährige lesen TUN.
    Wenn ich mal mehr Zeit habe, werde ich eine Balkontyp-Studie schreiben, wird bestimmt ein Bestseller. Ich werde dann auch Deinen Balkontyp mit den angefrosteten Beinhaaren erwähnen, schauder…

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