In München waren heute Abend 1100 Pegida Bagida-Demonstranten unterwegs. Auf der anderen Seite standen 12.000 Menschen, die München lieber bunt sehen. Das schönste Foto des Abends veröffentlichte übrigens Christoph Röckerath, seines Zeichens ZDF-Korrespondent.
Vor kurzer Zeit feierten wir den 25.sten Tag der deutschen Einheit. Silberhochzeit zwischen Ost und West. Die größten Sorgen einiger Bürger vor 25 Jahren? Richtig, dass die „Aussiedler“ das Bild vor der eigenen Haustüre verändern. Das Viertel wird derb neu belebt und der Wert der eigenen Immobilie sinkt. Doch das ist nicht die eigentliche Angst. Diese ist viel trivialer als es sich irgendjemand ausdenken könnte.
Die Angst
Frage: Was fürchten Sie denn? Antwort: Dass ich ein bisschen, doch, vom Blick her belästigt werde.
Nachdem gestern in Köln eine krasse, menschenverachtende Demonstration lief, habe ich gerade kurz im Querschnitt ein paar Artikel von Zeitungen auf einige Schlagworte hin untersucht. Das ist natürlich nicht repräsentativ, da ich nur 11 Artikel untersuchte. In Summe aber vielleicht ein ganz guter Anhaltspunkt und ich wette: Auch bei 50 analysierten Artikeln sieht das Ergebnis ähnlich aus. Polizei, Hooligans, Salafisten, Köln, Gewalt, Wasserwerfer, Nazis, Rechtsextrem,…
Der krasse Unterschied: wie oft wurde das Wort „Hooligan“ im Vergleich zum Wort „Nazi“ (inkl. Neonazi) in der Berichterstattung verwendet. Ich habe meine Meinung dazu ja, und die sieht ganz anders aus, als die Berichterstattung. Leider.
Schlagwort-Analyse der Berichterstattung unterschiedlicher Quellen (siehe unten)
Margot Käßmann ist nun den Beweis angetreten, dass friedliche Demonstrationen und Demonstrationen gegen den IS tatsächlich funktionieren können. Auslöser für die spontane Reise nach Syrien war eine Veröffentlichung eines Jungle World Artikels, in dem Margot Käßmann zur friedlichen „Bekämpfung“ vom IS im Irak sprach. Nachdem sie die letzten Tage die Information erreichte, dass die syrische Grenzstadt Kobane hart umkämpft ist, entschloss sie sich ihren friedlichen Protest vor Ort durchzuführen.
Dieser Tweet löste bei einigen Menschen Unverständnis aus. Ein Foto aus der Jungle World mit der entsprechenden Überschrift.
Manchmal muss man Dinge einfach unkommentiert stehen lassen. Das hier gehört nicht dazu. Momentan passieren in Stuttgart sehr viele Dinge, die mir überhaupt nicht gefallen. Da werden Menschen von ausserhalb in die Landeshauptstadt gekarrt, um dort gegen den geplanten Bildungsplan zu demonstrieren. Und nein, da demonstrieren keine Menschen, die homophob sind. Da demonstriert die CDU gemeinsam mit der AfD, dann noch Guillaume Got, der Abgesandte Frankreichs aus der Bewegung gegen die Gleichstellung Homosexueller. Natürlich fordert er die nationenübergreifende Vernetzung aller Aktivisten. Zum ersten Mal nahm auch eine muslimische Gruppe teil. Na ja, statt geplanter 2000-3000 Demonstranten, waren es „nur“ 700.
Andere Baustelle: im Ladenzentrum Heumaden plant eine pakistanische Religionsgemeinschaft einen Versammlungsort. Und zack formiert sich Widerstand. Eine Interessensgruppe, die natürlich nur den preislichen Verfall der Immobilien aufhalten möchte, nimmt sich der Sache nun an. Geplant ist die Immobilie selbst zu erwerben. Mit Spendengeldern. Je mehr Menschen spenden, desto günstiger für jeden. Logisch.
Aber hey, wir haben kein rassistisches Problem hier. Keep on shopping.
Nur kurz fürs Logbuch. Am Samstag gingen in Stuttgart etwa 150 Menschen gegen die Totalüberwachung auf die Straße. 150. Da fehlen keine Nullen. 150. In Karlsruhe waren es zumindest 500. Aber 150? Ja, Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut, aber um das mal in eine angemessene Relation zu bringen:
Einwohnerzahlen und Prozente
Stuttgart: 613.392 (31. Dez. 2011) -> 0,025% der Einwohner
Berlin: 3,52 Millionen (31. Juli 2012) -> 0,057% der Einwohner
Köln: 1,017 Millionen (31. Dez. 2011) -> 0,07% der Einwohner
Karlsruhe: 297.488 (31. Dez. 2011) -> 0,17% der Einwohner
Dabei könnte eine Demo gegen die Einrichtung einer neuen Stasi sicher mehr Sympathisanten in Deutschland auf die Straße bringen, als eine Free-Manning-Demo (auch, wenn man das traurig finden kann).
Augen auf der Demo in Köln. Eigentlich würde ich mich darüber echt freuen, aber ich hätte mich noch mehr gefreut, wenn wir viel mehr Menschen erreicht hätten. Wir müssen zumindest die 5% Hürde knacken.
Jetzt wird zurücküberwacht. Wer noch ein paar Motive für die #StopWatchingUs Demos am Samstag braucht, für den habe ich hier ein Paket von 5 Augenpaaren zusammengestellt. Augen ausschneiden, am Stiel befestigen und zurückschauen. Wir sehen alles, wir lassen uns nicht länger was vormachen. Wir beobachten genau, was mit unserer Freiheit passiert.
Augenpaare für Demo-Plakate – das Foto entstand während der Acta Demo in Stuttgart im Februar 2012 – die Augen habe ich nur zu Demo-Zwecken schlecht hineinretuschiert. Das Original-Foto findet ihr hier.